Ein Interview mit Prof. Dr. Georg Müller-Christ, Konrektor für Lehre und Studium an der Universität Bremen (bis Ende März 2011)
AStA: Umfragen zeigen, dass viele Deutsche der Ansicht sind, abzuschreiben sei ein verzeihliches Kavaliersdelikt. Warum ist es das nicht?
Georg Müller-Christ: Gedanken anderer zu übernehmen und mit ihnen zu arbeiten ist wissenschaftliches Alltagsgeschäft. Wenn man die Gedanken wörtlich übernimmt, zeichnet man sie in Zitaten als „wörtliche Rede“ mit Fußnote aus, wenn man sie sinngemäß übernimmt nur mit einer Fußnote. Wortwörtlich Formulierungen anderer zu übernehmen bis zu dem Ausmaß, ganze Seminar-, Haus-, Bachelor- oder Masterarbeiten anderer als die eigene abzugeben, ist Diebstahl geistigen Eigentums.
AStA: Was passiert mit Studierenden und DoktorandInnen an der Uni Bremen, die abschreiben? Gibt es ein geregeltes Verfahren? Welche Konsequenzen hat ein Plagiat?
Georg Müller-Christ: Abschreiben einzelner Passagen ist ein Qualitätsverlust einer wissenschaftlichen Arbeit, der zumeist zu einer schlechteren Bewertung führt; die Abgabe einer fremden Arbeit als die eigene ist ein Täuschungsversuch. Die Regeln zum Umgang mit dem Täuschungsversuch sind nicht einheitlich. Auf jeden Fall wird es als nicht bestanden bewertet werden; im Wiederholungsfall kann es zur Exmatrikulation führen.
AStA: Was sollte die akademische Welt aus der „Causa Guttenberg“ lernen?
Georg Müller-Christ: In der digitalen Welt fällt vieles auf, was früher eben keiner gemerkt hat. Abschreiben ist heute gefährlich, Plagiatserkennungssoftware ist auf dem Markt preiswert zu haben. Sie funktioniert im Übrigen auch universitätsübergreifend. So tut man auch keinem Kommilitonen oder einer Kommilitonin mehr einen Gefallen, wenn man ihr eigene Arbeiten mal schnell rüber mailt zur freien Verwendung.
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