Seit über 35 Jahren fördert die Uni Bremen hausinterne Forschungs- und Qualifikationsprojekte. Dazu gehörten stets auch Promotionsstipendien. Zwar nie in überwältigend hoher Zahl, doch waren es beispielsweise in den Sozial- und Geisteswissenschaften immerhin 5 DoktorandInnen, die jährlich in diese Förderlinie aufgenommen wurden. Ein besonderer Vorteil der Bremer Stipendien: Sie waren nie den selektierenden Kriterien mancher großer Stiftungen unterworfen. Wer über den zweiten Bildungsweg ein Studium abschloss und promovieren wollte, konnte sich auf ein Stipendium an unserer Uni bewerben. Das Alter war hier kein generelles Ausschlusskriterium, so wie es beispielsweise bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (max. 32 Jahre) oder der Rosa-Luxemburg-Stiftung (max. 30 Jahre) der Fall ist.
Im Zuge der Neustrukturierung der Zentralen Forschungsförderung, die auf der April-Sitzung des Akademischen Senats vorgestellt wurde, fallen diese Stipendien ersatzlos weg. Stattdessen gibt es zwei neue Förderlinien, die für (potentielle) DoktorandInnen interessant sind:
1.) Zunächst gibt es die sog. „Impulse für Forschungsvorhaben“, auf die sich alle DoktorandInnen und WissenschaftlerInnen bewerben können. Speziell bezogen auf den wissenschaftlichen Nachwuchs heißt es: „DoktorandInnen können unterstützt werden in Aktivitäten, die der Promotion einen erkennbaren Mehrwert hinzufügen, wie beispielsweise die aktive Teilnahme an hochrangigen Konferenzen oder Summer Schools, Aufenthalte an renommierten Institutionen, zusätzliche Experimente, Lektoratsunterstützung bei Vorliegen eines Buchvertrages, interdisziplinäre Vorhaben oder Kooperationen mit internationalen Partnern.“ So kann ein Promotionsvorhaben mit insgesamt bis zu 1.500 Euro gefördert werden. Eine nette Unterstützung im oft steinigen Promotionsalltag, aber selbstverständlich keine Hilfe, um satt zu werden oder ein Dach über dem Kopf zu haben.
2.) Ausgeschrieben werden ebenfalls sog. „Brückenstipendien zur Promotion“. Fortgeschrittene Masterstudierende und MasterabsolventInnen können sich auf eines der 12 Stipendien bewerben, die auf sechs (max. zwölf) Monate angelegt sind. Die Brückstipendien sollen „herausragende Bremer Studierende“ an der Uni halten, damit sie gemeinsam mit hier ansässigen WissenschaftlerInnen Drittmittelanträge stellen können, mit deren Genehmigung durch externe Geldgeber dann auch eine Promotionsstelle für die Brückenstipendiaten geschaffen werden soll.
Im Kern eine gute Idee! Da unsere Uni nicht alle DoktorandInnen mit einem Stipendium versorgen kann, muss ohnehin auf die Fördermöglichkeiten von politischen, kirchlichen und wirtschaftsnahen Stiftungen sowie staatlich finanzierte Förderer wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) zurückgegriffen werden. Da es bei diesen Anträgen immer um viele tausend Euro geht, müssen sie besonders akribisch vorbereitet werden. So ein Antrag lässt sich nicht an einem Wochenende schreiben und bedarf einiger Wochen oder gar Monaten Vorbereitungszeit. Dass die Uni Bremen angehenden DoktorandInnen gerade in dieser unsicheren Zeit finanziell unterstützen möchte, ist sehr begrüßenswert.
Der Haken an der Geschichte: Die Bewerbungsfrist für diese Stipendien ist der 15. April. Wer einmal nachrechnet, stellt schnell fest, dass MasterabsolventInnen mit einer Regelstudienzeit von 4 Semestern aber nach einem Sommersemester – also Ende September! – ihr Studium beenden und nicht nach einem Wintersemester. Folglich müssen Interessierte ersteinmal ein halbes Jahr überbrücken, um sich auf ein Brückenstipendium bewerben zu können. Sinn, wo hast du dich versteckt? Selbst wenn die Brückenstipendien weniger auf AbsolventInnen und mehr auf fortgeschrittene Studierende als AntragstellerInnen ausgelegt sein sollten, wird’s kaum besser: Wer weiß zu Beginn seines vierten Mastersemesters, ob a.) ihr oder ihm die wirklich überzeugende Masterarbeit gelingen wird, b.) wer definitiv Doktorvater bzw. Doktormutter sein soll und c.) wie genau die Doktorarbeit aussehen soll (inkl. Exposé)? Dieses Kunststück dürfte nur den wenigsten gelingen.
Brückenstipendien sind eine gute Sache. Aber wenn diese Stipendien wirklich helfen sollen, dann müssten sie mehr als einmal im Jahr ausgeschrieben werden. Eine vierteljährliche Frist scheint angebracht. Außerdem bieten sie keinen Ersatz für die nun wegrationalisierten Promotionsstipendien. Vielmehr nimmt man einigen KandidatInnen die Chance auf eine Promotion und setzt noch stärker als zuvor auf die Finanzierung wissenschaftlicher Qualifikation durch Drittmittel.
Enttäuschend für die (angehenden) Promovierenden ist dabei keineswegs die Sachlage, dass die WissenschaftlerInnen zunehmend abhängig von externer Finanzierung sind, sondern die zielgerichtete Willenserklärung der Universität, dass dieser Weg „ein ganz wichtiger Baustein auf dem Weg zur Exzellenzuniversität“ sei, wie es der Konrektor für Forschung und wiss. Nachwuchs, Prof. Dr. Rolf Drechsler, in der Pressemitteilung bezeichnete. Steht hier vielleicht doch die Profilierung der Hochschule vor der individuellen Förderung Einzelner? Das wäre ein bedauerlicher Schritt.
Weitere Informationen zur Zentralen Forschungsförderung an der Uni Bremen:
http://www.uni-bremen.de/forschung/forschungsfoerderung.html
Pressemitteilung zur Neustrukturierung der ZF:
http://www.uni-bremen.de/universitaet/presseinfos/pressemitteilungen/einzelanzeige/article/seit-35-jahren-bewaehrt-und-in-bewegung-die-zentrale-forschungsfoerderung-der-universitaet-bremen.html?cHash=87c5b0955a348b4bd4d8315a858800f5
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