Allen voran steht die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen.

Ein Interview mit Sara Dahnken, Studentisches Mitglied in der AS-Kommission zur Aufdeckung wissenschaftlichen Fehlverhaltens

AStA: Du bist Mitglied in der Kommission zur Aufklärung wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Welche Aufgaben hat die Kommission und wer ist dort vertreten?

Sara Dahnken: Die Kommission wird zur Aufklärung von Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens durch den Akademische Senat eingesetzt. Die Kommission besteht aus vier Professorinnen bzw. Professoren, eine oder einer davon mit Befähigung zum Richteramt, einer akademischen Mitarbeiterin oder einem akademischen Mitarbeiter, einer sonstigen Mitarbeiterin oder einem sonstigen Mitarbeiter, sowie einer/einem Studierenden.

AStA: Und? Wird an der Uni Bremen im großen Stil abgeschrieben?

Sara Dahnken: Seit Beginn meiner Amtszeit wurde noch kein Verdachtsfall in der Kommission behandelt. Somit könnte man daraus schließen, dass an der Uni nicht „im großen Stil abgeschrieben“ wird. Wobei ich bei dieser Schlussfolgerung zu bedenken geben würde, dass die Universität Bayreuth das wissenschaftliche Fehlverhalten von Herrn zu Gutenberg zunächst auch nicht bemerkt hat. Aufgrund dessen sollten die Universitäten aus meiner Sicht, über Optimierung ihrer Prüfungsmechanismen nachdenken.

AStA: Studierende fast aller Fächer klagen über die große und stetige Prüfungsbelastung. Sollte man vor diesem Hintergrund Verständnis für diejenigen haben, die mal abschreiben?

Sara Dahnken: Das sogenannte „Abschreiben“ ist auf wissenschaftlichem Niveau eindeutig als Diebstahl von geistigem Eigentum zu werten. Dieser Diebstahl wird in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals nicht gleichgestellt mit dem Diebstahl von materiellen Gütern. Ein Fehler! Die jetzige Diskussion um die Doktorarbeit von Herrn zu Gutenberg sollte zu einer Sensibilisierung der Bevölkerung bezüglich dieses Thema genutzt werden. Ich persönlich habe kein Verständnis dafür, wenn man Ideen und Gedankenkonstrukte anderer vorsätzlich als eigene ausgibt oder grob fahrlässig damit umgeht.

AStA: KommilitonInnen, die zum wiederholten Mal eines Plagiats überführt werden, werden exmatrikuliert. Ist das ok?

Sara Dahnken: Aufgrund dessen, dass an der Bremer Universität äußerst selten Plagiatsvorwürfe erhoben werden, werden Sanktionen immer auf den Einzelfall bezogen verhängt. Die persönlichen Beweggründe werden also mit in das Verfahren einbezogen. Verschiedene Studien haben bewiesen, dass die Studierenden sich zunehmend von ihrem Studium belastet fühlen. Das einige wenige dann evtl. aufgrund von psychischer Belastung zu solchen Mittel greifen, könnte sein, zur Zeit kann ich dies für die Universität jedoch nicht bestätigen.

Eine Strafe für den Diebstahl von geistigen Eigentum steht für mich außer Frage. Dies ist unabdingbar. Schließlich ist das konkrete wissenschaftliche Arbeiten ein Kernelement des Studiums, auf dessen Basis alles Weitere aufbaut. Welches jedoch eine angemessene Strafe ist, sollte man im Einzelfall entscheiden.

Für mich dient die Präambel der Ordnung zum Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftlichen Fehlverhalten der Bremer Universität als oberster Leitsatz, fürs Studium aber auch fürs Leben. So heißt es dort über die Prinzipien wissenschaftlicher Arbeit: „Allen voran steht die Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen.“(1) Diesen Grundsatz hätte Karl-Theodor zu Gutenberg beherzigen sollen.

(1): http://www.rechtsstelle.uni-bremen.de/3.%204.%20VerfO%20Ehrenkodex%20%2828.6.06%29.pdf

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*