Stellungnahme des AStA der Universität zu studentischen Verbindungen in Bremen

Der AStA der Universität Bremen setzt sich für eine gesellschaftliche Entwicklung unter
emanzipatorischen, partizipativen und basisdemokratischen Vorzeichen im Rahmen des
Grundgesetzes ein. Seine Politische Bildung soll eine Bewusstwerdung der im Grundgesetz
der Bundesrepublik Deutschland und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der
Vereinten Nationen niedergelegten Grundrechte fördern und deren Einlösbarkeit erleichtern.


Studentische Verbindungen, die sich etwa durch pauschalen Ausschluss von Frauen
(„Männerbund“), gesellschaftliche Seilschaften („Lebensbund“), organisierte Gewalttätigkeit
(„Mensur“), elitären Standesdünkel („Comment“), obligatorischen Alkoholkonsum („Bier-
Comment“), formalisierte Hierarchien („Fux“, „Bursche“, „Alter Herr“), Diskriminierung
anderer Lebensformen (Homosexualität, Kriegsdienstverweigerung), völkisches Brauchtum
(„Ehre, Freiheit, Vaterland“) oder reformistische und chauvinistische Propaganda (sog. „politische
Bildung“) kennzeichnen, werden daher von uns abgelehnt.


Uns ist bewusst, dass es durchaus feine Unterschiede zwischen den verschiedenen Burschenschaften,
Corps, Landsmannschaften und sonstigen Verbindungen gibt. Jeder konkrete
Einzelfall muss daher differenziert betrachtet werden. Während eine klare Distanzierung
gegenüber rechtsradikalen Burschenschaften meist breites Verständnis findet, stößt eine
solche gegenüber vorgeblich „gemäßigten und liberalen“ Verbindungen oftmals auf Kritik.
Indes distanzieren sich diese „gemäßigten und liberalen“ Verbindungen selbst nicht konsequent
von radikal rechten Korporationen wie z.B. der „Deutschen Burschenschaft“, sondern
arbeiten mit ihnen zusammen in Gemeinschaften wie etwa dem „Convent Deutscher
Akademikerverbände (CDA)“ oder der „Arbeitsgemeinschaft akademischer Verbände (AaV)“.
So sind allen Studentenverbindungen vor allem der Sexismus, der gesellschaftliche
„Lebensbund“ auch mit Nazis und die Tolerierung rechtsradikaler Bestrebungen zumindest
über ihren Dachverband gemeinsam.


In Bremen sind zurzeit acht studentische Korporationen aktiv. Der AStA rät aus oben
genannten Gründen von Mitgliedschaft in oder Zusammenarbeit mit studentischen
Verbindungen ab und fordert politisch die staatliche Zerschlagung und Enteignung der
existierenden Korporationen als Bedrohung für Allgemeinwohl, friedliches Zusammenleben
und Chancengerechtigkeit.

Die Meldung als PDF findest du hier

20 Kommentare

  1. Ihr fordert echt die „Enteignung“ von Verbindungen???
    Ich mein, oben schreibt ihr, man muss jede Verbindung einzeln betrachten und dann das? Ihr könnt ja von mir aus gegen die sein, aber Ihnen ihr Eigentum mitnehmen ist schon etwas krass!
    Zumal euren pauschalen Aussagen so auch nicht stimmen, weil es tierisch viele „Gruppen“ unter den Verbindungen gibt.

    Selbst in der SPD gibt es eine „Verbindungsgruppe“: Lassalle-Kreis.

  2. Hallo,

    das ist eben ein prinzipielles Problem vieler ASten. Es wird mit tollen Wörtern wie Basisdemokratie und Grundgesetz um sich geworfen, wobei oft nicht einmal ganz klar ist in welchem Zusammenhang das gemeint ist. Auf der anderen Seite wird aber die Vernunft der einzelnen Individuen verhöhnt, in dem man ihnen mit eben diesen Worthülsen versucht die eigene Meinung aufzudrücken, vorurteile schärft und sie davon abhält sich vor Ort die eigene Meinung zu bilden. Viele ASten verfolgen da einen dermaßen primitiven linken Mainstream dass ich mich oft frage, ob dies schon Karikatur ist. Dieser Artikel gehört da schon beinahe zu den etwas gemäßigteren. Mich erinnert das häufig an Neusprech aus 1984. Die Sprache wird solange deformiert, bis kein Interpretationspielraum mehr sondern nur noch der politische Inhalt über bleibt – lesen kann man es so oder so kaum noch, weil alles gegendert oder wie hier exzessiv geklammert wird.

    Einiges von dem oben Geschriebenen kann ich bestätigen, jedoch nur einzelne Teile für einzelne Verbindungen. Einige Saufen sich die Seele aus dem Leib, andere nehmen nur „Deutsche“ auf, wieder andere pflegen ihr Netzwerk ganz besonders stark. Ich persönlich bin aber noch nie auf dem Haus einer Verbindung gewesen, auf die dies alles gleichzeitig zutrifft. Ich kenne dagegen mehr Häuser auf denen keines der Vorurteile überhaupt angewandt werden kann.

    Letztlich ist es Jedermanns eigene Entscheidung, wer Inhalte, die über bloße Schlagwörter hinaus gehen, sucht, sollte sich aber vlt. mal auf dem ein oder anderen Diskussionsabend einer Verbindung sehen lassen. Sicher wird er in vielen Fällen eher auf konservative Strömungen treffen, aber wie schon Thomas schrieb, es gibt auch linke Korpos.

    Der Burschireader hat sich dessen ja auch schon angenommen:
    http://www.burschireader.de/2011-09-18/der-asta-an-der-uni-bremen-versucht-sich-an-der-kritik-und-scheitert.html

    MfG RM

  3. „und fordert politisch die staatliche Zerschlagung und Enteignung der
    existierenden Korporationen als Bedrohung für Allgemeinwohl, friedliches Zusammenleben
    und Chancengerechtigkeit.“

    Na da soll mir doch nochmal jemand versuchen zu erzählen, dass die Gefahr für die allgemeine freiheitliche Grundordnung in der BRD von rechts kommt…

  4. @Thomas & Eieiei: Ja, wir fordern die Enteignung von Nazis und derer, die (z.B. über CDA und AaV) bis heute mit Nazis zusammenarbeiten; das ist korrekt. Artikel 14 GG (= Teil der FDGO) sieht Enteignungen zum Wohle der Allgemeinheit und gegen Entschädigung vor. Diese Forderung ist IMHO keineswegs (links-)radikal, im Gegenteil, ich finde sie persönlich sehr etatistisch. Dazu Wikipedia: „Als Enteignung bezeichnet man juristisch den Entzug des Eigentums an einer unbeweglichen oder beweglichen Sache durch den Staat, im Rahmen der Gesetze und gegen eine Entschädigung.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Enteignung)

    @Thomas: Die Zahl „acht“ ist unserer Recherche entnommen. Auf wieviele aktive Korporationen („Activitas“) in Bremen kommst Du?

    @RetroMetro: Vielen Dank für Deinen inhaltlichen Kommentar und die Darstellung Deiner durchaus differenzierten Position. Abgesehen davon, dass ich größtenteils anderer Meinung bin, bleiben für mich aber auch einige Fragen offen:
    1. Inwiefern ist für Dich der Zusammenhang der Begriffe „Basisdemokratie“ und „Grundgesetz“ unklar? Widmet sich nicht der ganze erste Absatz exakt diesem Zusammenhang?
    2. Welche „Häuser“ kennst Du, bei denen z.B. der „Lebensbund“ nicht zu den Prinzipien gehört?
    3. Welche „linken“ Korporationen kennst und meinst Du?

    Außerdem denke ich, dass Du übersiehst, dass die (verallgemeinernde) Hauptkritik darin besteht, dass (trotz aller feinen Unterschiede) sämtliche organisierten Korporationen in CDA und AaV weiterhin mit Nazis zusammenarbeiten.

    • Hallo Johannes,

      zu 1)
      Zum einen wird Basisdemokratie viel zu oft als Schlagwort benutzt, statt es wirklich zu leben. Ich habe in einer links geprägten NGO gearbeitet, in der dieses Wort, dann fiel, wenn die Geschäftsstelle Beschlüsse durch die Versammlungen bringen wollte, jedoch im Einzelnen viele Mitglieder wichtige Punkte an den Versammlungen vorbei entschieden haben, damit die Gefahr der Ablehnung aus dem Weg gegangen werden kann. Dieser Verein hatte auf Basisebene keine Satzung, so dass dies nicht geahndet werden konnte und somit zum Alltag wurde.

      2) Der Lebensbund an sich gehört schon dazu, das habe ich auch nicht bestritten. Ich schrieb, dass dies mal lockerer, mal härter gelebt wird. Ich persönlich kann dem auch nichts negatives abgewinnen. Sollte man dies als Grund nehmen Verbindungen auflösen zu wollen, so müsste man auch die Frauennetzwerke und Alumni Vereine an Unis aufheben. Im übrigen stellen manche die „Seilschaften“ auch krasser dar, als sie sind. Ich kenne keinen Alten Herren, der einfach so jmd bei sich einstellt, nur weil er ihn kennt. Man muss auch schon die Voraussetzungen (Leistung, Wissen, etc) mit bringen, was im Berufsleben völlig normal ist. Natürlich ist das Netzwerk bei Rat ein wirklicher Vorteil. Ich bin froh, dass ich bei rechtlichen Fragen oder bei Studienfragen jmd anrufen kann, der mir gerne weiter hilft.

      3) Ich meine mit Korpos, die Person an sich und nicht die Verbindung. Viele Verbindungen sind unpolitisch und wählen ihre Mitglieder nicht danach aus, was sie wählen. Ich kann aus meiner Verbindung sagen, dass hier alles Vertreten ist, was nicht in die Extreme geht. Vom Piraten bis zum CDU Mitglied. Nazis schließen sich bei uns unter anderem aus, da wir eine christliche Verbindung sind und Linksextreme u.a., weil wir voraussetzen, dass sich das einzelne Mitglied zur Verfassung der Bundesrepublik bekennt, dies ist bei allen extremem politischen Lagern aber anzuzweifeln.

      Zu deinem letzten Punkt:
      „feine Unterschiede“ sind das gewiss nicht. Allein in meinem Bund, der sich auf gleiche Grundpfeiler bezieht, sind die Unterschiede so groß, dass in Extremfällen kaum erkennbar ist, was uns eigtl. verbindet. Der Punkt mit CDA etc. ist kritisch, das wird in der Szene stark diskutiert. Ein Zusammenarbeiten kann ich aber bei wenigen Bünden erkennen. Viele Bünde leben im Übrigen die Meinungsfreiheit, was sehr gut ist, leider aber auch bedeutet, das dumme Meinungen auch genannt werden dürfen, ohne dass es einen Maulkorb gibt. Auch wenn diese in der Minderheit sind, ist es doch so, dass der Idiot meist die größte Klappe hat, und man ihn deswegen am meisten hört. In diesem Sinne lässt sich auch gut Diskutieren: Wie weit geht Toleranz und Meinungsfreiheit überhaupt? Was schränkt sie prinzipiell ein? Man muss schon zugeben, dass das Linke Spektrum die Nazikeule lieber einmal zu viel als zu wenig rausholt – was ich, unabhängig vom linken Meinungsbild, kritisch sehe (ist ja klar, denn mich als Korpo trifft sie ja permanent).

      MFG RM

  5. Guten Abend!

    Ich klinke mich da einfach mal ein..

    zu 1. RetroMetro hat den Zusammenhang gar zwischen Basisdemokratie und Grundgesetz gar nicht infrage gestellt. Er ärgert sich nur darüber dass verschiedene AStAs immer wieder mit den Begriffen wild um sich werfen, ohne offensichtlich deren Bedeutung zu verstehen. Offensichtlich sind die demokratischen Strukturen des Verbindungswesens nun auch dem Bremer AStA unbekannt. Ich wage zu behaupten, dass jede Studentenverbindung (gleich ob Burschenschaft, Corps oder was auch immer) basisdemokratischer aufgestellt ist, als ein AStA oder die meisten anderen Vereine, auf die man in Deutschland antrifft. Solcherlei Statuten dürften dem normalen Google-Anweder recht einfach zu beschaffen sein.

    zu 2. Das Lebensbundprinzip gehört zu allen Verbindungen. Ich wüsste auch nicht, was daran verwerflich sein sollte. Prinzipiell kann jeder zur jederzeit austreten – aber das ist eben nicht Ziel einer Verbindung. Der Wille, sich zusammenzuraufen, auch wenn es einmal drunter und drüber geht, ist doch etwas Tolles. Viel zu selten geht man sich bei Nichtigkeiten aus dem Weg, redet nicht mehr miteinander und verschenkt so vieles Positives, was einem eine Verbindung zu einem anderen Menschen bieten kann. Sich auch im Diskurs konstruktiv zu begegnen, das ist vor allem Sinn des Lebensbundsprinzips.

    zu 3. Sicherlich gibt es recht wenige „linke“ Verbindungen und relativ wenige Linke im Korporationswesen. Das finde ich persönlich sehr schade, weil eine Verbindung eben gerade von der Pluralität ihrer Mitglieder lebt. Ein Beispiel für einen wirklichen Linken im Coburger Verbindungswesen findest Du bspw. hier.

    Gruß,
    Der Burschireader

  6. Moin Burschireader,

    dass studentische Korporationen praktisch alle auch das basisdemokratische Konventsprinzip pflegen, ist in der Tat ein Allgemeinplatz. Bei Basisdemokratie liegt die Crux allerdings auch darin, wer eigentlich zur Basis gerechnet wird. Dass hier nicht nur Korporationen, sondern auch Studierendenschaften exklusiv aufgebaut sind, liegt ebenfalls auf der Hand. Allerdings gehört dies bei Korporationen zum politischen Willen, da sie sonst ihren wohl auch unumstritten elitären Anspruch verlieren würden; (in meinen Augen) progressive Positionen von Studierendenschaften allerdings fordern die Umsetzung des Menschenrechts auf Bildung und damit ein Recht auf ein Hochschulstudium für Alle, versuchen also, ihre eigene elitereproduzierende gesellschaftliche Funktion aufzubrechen und sich für alle Interessierten zu öffnen. Als emanzipatorisch und partizipatorisch würde ich Korporationen jedenfalls grundsätzlich nicht bezeichnen, das wollen sie ja auch in der Regel überhaupt nicht sein, da in der Theorie studentischen Verbindungswesens gesellschaftliche Eliten zum Vorankommen der Gesamtgesellschaft wichtig sind (das würde ich mal spontan unter den Stichworten „gesellschaftliche Seilschaften“, „struktureller Elitensexismus“ und „Standortnationalismus“ fassen).

    Insofern ist für den AStA „basisdemokratisch“ offenbar nicht losgelöst von „emanzipatorisch“ (im Sinne einer Ermächtigung des Subjekts in gesellschaftlichen Herrschaftssystemen) und „partizipatorisch“ (im Sinne einer Durchsetzung gleicher gesellschaftlicher Rechte für Alle) betrachtbar. Und so kann ich die Kritik am Verbindungswesen und die Forderung nach dessen staatlicher Zerschlagung und Enteignung aus Gründen des Allgemeinwohls (zum Beispiel gegen soziale Elitenreproduktion auf Kosten der Allgemeinheit) gut nachvollziehen und politisch teilen.

    Übrigens: Wenn ich auf den Link klicke, den Du angegeben hast, komme ich auf ein Blog, auf dem ein Verbinder erklärt, dass er sich nicht (mehr) als „links“ einordnet. Und diese Person führtst Du als einziges Beispiel für einen „wirklich Linken“ an? oO

    Gruß,
    Johannes

  7. @Johannes

    Zu folgenden Punkten, die immer Gegenstand von Legendenbildungen sind:
    1. Nicht alle Korporationsverbände sind in den Dachorganisationen vertreten. Zumindest die katholischen Verbände haben explizit von einer Mitwirkung Abstand genommen, auch weil es historisch bedingt beiderseitige Abgrenzungsbedürfnisse gab und gibt. Auch darf man eine Dachorganisation wie den CDA nicht als einheitlichen Block verstehen, aber dazu können Korporierte, die einem im CDA vertretenden Verband sicher mehr zu sagen.
    2. Die Definition der „Basis“: Ich kenne keine Korporation, in der es einzelne Mitglieder von der Entscheidungsfindung ausschließende Regelungen gibt. Üblicherweise bestimmt der Aktivenconvent autark über die Geschicke und Zukunft der Verbindung, die Alten Herren haben i.d.R. auch gar kein Stimmrecht auf dem Aktivenconvent, sondern beraten diesen (AH sind ja auch kein Mitglied des Aktivenvereins, sondern des AH-Vereins). Davon getrennt zu betrachten sind die Trägervereine der Häuser, hier sind es naturgemäß die zahlenden Mitglieder (Alten Herren), die entscheiden, was getan wird (Mieten, Renovierungen usw.). Selbst den Einzug von potentielle Neumitgliedern regeln (bei und zumindest) die Aktiven.
    3. Elitenbildung: Na ja, wenn man das Auswählen von Mitgliedern nach vorab festgelegten Prinzipien als Elitenbildung verstehen will, dann ist das wohl so. Aber auch uns muss zugestanden werden, dass ein Großteil der Korporierten mit einem wie auch immer gearteten Elitebegriff gar nichts anfangen kann. Wir lernen eben – wie vielleicht (oder hoffentlich) der ASTA-Funktionär auch – neben dem Studium noch weitere, später ggf. nützliche Kulturtechniken. Wenn dies den Berufseinstieg erleichtert, so what?!!! Ein wie auch immer geartetes, im Dunkeln der Kneipsäle funktionierendes Nachzüchten zukünftiger Manager, Politiker und sonstiger Entscheider ist einfach Schwachsinn. Und wenn man mal emotionslos darüber nachdenken wollte, müsste auch jedem einleuchten, dass dies schon aufgrund der kleinen Zahl nicht wirklich funktionieren kann.

    Und jetzt bitte nicht wieder mit dem üblichen emanzipatorischen und partizipatorischen Wortgewolke aus dem Politikseminar gegenreden, sondern mal konkret!!! Denn bei den aufgestellten, im Übrigen undemokratischen Forderungen nach Enteignung usw. gehört schon ein wenig mehr Substanz dazu!
    Gruss
    ahah_kv

  8. Hallo Johannes,

    ich könnte mich nicht daran erinnern, dass jemals ein Farbenstudent in meiner Gegenwart davon gesprochen hätte, dass er elitär sei. Dieses Elitär-Gerede kommt in der Regel eigentlich nur von Verbindungskritikern. Davon abgesehen sind Eliten ja zunächst einmal nichts Schlechtes. Die gesellschaftlichen Eliten, die Du angesprochen hast, haben aber auch erst einmal gar nichts mit Seilschaften, hohen Positionen o.ä. zu tun. Gesellschaftliche Eliten zeichnen sich meines Erachten vor allem durch ein hohes Maß an Idealismus aus und dem Ziel eine Gesellschaft in irgendeiner Art “besser” zu machen. Was “besser” auch immer heißen mag, steht auf einem anderen Papier. Ich habe aber schon bei der Stellungnahme gemerkt, dass man da ganz viele Schlagworte wild durcheinander geworfen hat.

    Es gibt ein Menschrecht auf Bildung, das impliziert aber kein menschliches Grundrecht auf ein Hochschulstudium. Man muss auch anerkennen lernen, dass eben nicht jeder für ein Hoschulstudium geeignet ist. Auf der anderen Seite sind die Abgänger geringerer Schulabschlüsse keine Idioten – auch wenn man das in der Politik derzeit gerne immer wieder aufs Tablett bringt, wenn es bpw. um eine mögliche Stärkung der Hauptschulen geht. Ich habe großen Respekt vor Menschen, die aufgrund ihrer Fähigkeiten bspw. ein Haus bauen können! Es wäre meines Erachtens tatsächlich eine große gesellschaftlich-emanzipatorische Leistung eben solche Bildungs- und Berufsstände anzuerkennen, anstatt sie ständig als Deppen abzustempeln.

    Selbstverständlich sind Eliten notwendig, um eine Gesellschaft voranzubringen. Wie sind wir in den vergangene Jahrhunderten und Jahrtausenden überhaupt so weit gekommen? Es waren immer elitäre Zirkel, die die Theorien bspw. zur Demokratisierung einzelner Staaten erdacht und verfasst haben, auf deren Idealen die großen Revolutionen erst zustande gekommen waren. Aber vielleicht kannst Du bei dieser Gelegenheit einmal erklären, was das wiederum mit “gesellschaftlichen Seilschaften”, “strukturellen Elitensexismus” oder “Standortnationalismus” zu tun hat. Auch zuvor wurden schon unterschiedliche Stichworte vollkommen unreflektiert zusammengewürfelt – so bspw. vor allem in der Stellungnahme, in der man auf Biegen und Brechen offenbar die gängigen Vorurteile unterbringen wollte.

    Warum nun aber der AStA (basis)demokratischer als ein Studentenverbindung sein soll, das hast Du leider mit keiner Silbe erklärt, nur für Dich festgestellt. Schade. Kann es sein, dass Du keinen blassen Schimmer von der organisatorischen Funktionsweise einer Verbindung hast?

    Deine Argumentation, mit der Du nach wie vor die Enteignung und Zerschlagung von Verbindungen begründest, ist unglaublich dünn. Mit der gleichen Argumentation müssten demnach auch Gewerkschaften und der lokale Karnickelzüchterverein aufgelöst werden. So sehr ich eine gewisses Maß an Idealismus schätze, so stößt er doch sehr schnell an die Grenzen der praktischen Realität.

    Hinsichtlich des Links zu dem Blog des Coburger Farbenbruders: Diesen hast Du ihm jetzt aber inhaltlich gewaltig im Mund verdreht. Der hatte vorher seine links-politischen Überzeugungen und die haben sich nicht geändert. Allerdings kann er sich nicht mehr mit dem Begriff “Links” identifizieren und möchte sich in Distanz zu dem sehen, was man zwischenzeitlich oft unter dem Begriff “links” versteht.

  9. Gut, dann könnte man auch die Enteignung und Zerschlagung des Bremer AStA fordern – schlißelich schadet er mit seinen ständigen antidemokratischen, hetzerischen Attacken dem Image und der Entwicklung der Stadt, vor allem als Wissenschaftsstandort (siehe Stiftungsprofessur OHB, Hirnforschung Kreiter etc.).

    Kümmert Euch lieber um Erer Studium, anstatt anderen einreden zu wollen, wie sie zu leben oder zu denken haben!!! Oder seid Ihr mit ersterem unterfordert? Dann wäre vielleicht ein technischer Studiengang besser für Euch gewesen ;-)

    An anderen Unis ist der jeweilige AStA bereits längst in der Versenkung verschwunden – zu recht! Es gibt dort verschiedenste politische und unpolitische studentische Hochschulgruppen (grüne, liberale, konservative, linke etc.), aber keine, die einen allumfassenden Vertretungsanspruch stellt und eine Definitionshoheit über die Realität einfordert.

    !!! Demokratie im Sinne des AStA ist Demokratie im Sinne der D.D.R. !!!

  10. Verstehe ich das richtig? Ihr versteht euch selbst als Demokraten und fordert die Zerschlagung und Enteignung von Verbänden politisch anders denkender?
    Aber selbstverständlich ist es mir eine Ehre euch in meinem Vaterland die Freiheit einzuräumen auch das zu fordern.

    • @Volker

      Heißt Demokratie, dass antidemokratische Positionen toleriert werden müssen. Wir wissen ja, wozu das einmal in der Geschichte schon geführt hat.

  11. Studentische Verbindungen, die sich etwa durch pauschalen Ausschluss von Frauen (“Männerbund”)…
    Meine Mutter kegelt mit ihrer Damengruppe unter dem Namen „ohne ihn“, da sind Männer auch ausgeschlossen. Wollt ihr sie jetzt auch enteignen??

    Es gibt Gruppen die sich auf bestimmte Kreise beziehen und das ist auch gut so…

  12. @Johannes: Wenn du den Beitrag gelesen hättest, würdest du auch wissen, warum ich den Begriff „Links“ nicht mehr verwenden möchte. Unter anderem allerdings auch wegen solcher undifferenzierten Forderungen nach Zerschlagung des Verbindungswesens. Eure guten Absichten in allen Ehren, aber das schießt über das Ziel hinaus.

  13. Als schon seit längerem nicht mehr Studierender und Mitglied einer Korporation (Wingolf) kann ich über solchen Unfug nur den Kopf schütteln. Leider habe sich die Asten in den letzten Jahrzehnten zu Bastionen linker Indoktrination entwickelt. Man will sich dort liebgewordene linke Vorurteile eben auch durch Fakten nicht kaputt machen lassen. Mit akademischer Freiheit hat dies alles leider nichts zu tun. Vielleicht sollten Sie bei Gelegenheit einmal wieder bei Rosa Luxemburg nachlesen: Freiheit ist immer auch die Freiheit des Andersdenkenden. Um dies umzusetzen benötigt man allerdings einen Hauch von Selbstkritik und Intellekt.

  14. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass hier einige Schnellschüsse abgeliefert werden. Wenn es Verbindungen geben sollte, die offen Hass verbreiten, die Pläne für Umsturz und reaktionären sozialen Wandel aufstellen oder ähnliches, dann muss man dagegen _juristisch_ und auf Basis der _Rechtslage_ vorgehen.
    Nur weil mir aber die inneren Strukturen und Normen von bestimmten Gruppen nicht passen, kann ich diese noch nicht per se z.B. enteignen wollen. Noch viel weniger übrigens, wenn ich gar nicht selbst Mitglied werden will. Eine Verbindung, die Frauen z.B. ausschließt, empfinde ich als reaktionär, unterentwickelt und falsch. Aber ich würde auch nicht beitreten, wenn plötzlich Frauen aufgenommen würden, weil ich Verbindungen als Verbindungen _für mich persönlich_ ablehne. Dann aber von außen Veränderungen zu fordern, ist ziemlich bigott.
    So lange nicht gegen ein Gesetz verstoßen wird, ist es das Recht der Einzelnen, sich zusammenzuschließen, wie sie es wollen.

    Gar nichts anderes machen Umweltschützer und Naturfreunde (mitunter mit Einstellungen, die nicht dem Mainstream entsprechen), Gewerkschafter (die die „Arbeiterklasse“ mitunter über die Restbevölkerung heben), Kirchen, usw. Wo einzelne Positionen kritikabel erscheinen (z.B. das unter radikalen Veganern verbreitete „Vegetarier sind Mörder“) oder ganze Organisationen bzw. deren Modelle den eigenen Auffassungen widersprechen (z.B. Kirche), kann man im Diskurs und – falls die Bedingungen erfüllt sind – juristisch dagegen angehen. Aber abgesehen davon, dass es dafür erst einmal hinreichende Belege bräuchte, sind Enteignung und Zerschlagung erstens sehr pathetisch und zweitens gibt es ganz andere Dinge, die eine Gefahr für die Gesellschaft sind.

    Eine interessante Randnotiz zum Schluss:
    Abgesehen vom „Großthema Atomkraft“ ist die deutsche Linke in Feigheit versunken. Große Kämpfe führt man nicht mehr, zumal der Großteil davon international wäre. Lieber konzentriert man sich, ganz lokalpatriotisch, auf kleine Problemchen und blendet den Rest der Welt aus bzw. egalisiert die Problemlage mit einem „An all dem ist der Kapitalismus Schuld“. Ansonsten sucht man sich nur noch Themenbereiche, in denen es zwar durchaus Probleme gibt, an der auch jeder mit einigermaßen Verstand Kritik äußern kann (Rassismus, Sexismus, etc.), die aber letztlich in unserer Gesellschaft so relativ klein sind, dass man nicht all zu mutig sein muss, dagegen vorzugehen. Nicht umsonst sieht man vielen Linken an, wie sehr es die reine Abenteuerlust und die Selbstinszenierung ist, die sie treibt – und nicht der Idealismus und Wunsch nach Gerechtigkeit. Wer, gerade unter den Linken an der Uni Bremen, mal bei Diskussionen dabei gewesen ist, sich vielleicht sogar daran beteiligt hat, der weiß, wie schnell Gerechtigkeit und Toleranz schwinden, wenn man sich als Abweichler mit anderer Meinung äußert. Da wird niedergeredet, für dumm erklärt und es bilden sich zwischen jenen, die sich schon länger kennen (ganz ähnlich den Seilschaften) Kooperationen gegen die Minderheit der abweichenden Meinungen.

  15. Wenn der AStA schon so großen Wert auf die Grundrechte legt, dann sollte er auch lesen, was darin enthalten ist:

    Artikel 9 Grundgesetz
    (1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
    (2) Vereinigungen, deren Zweck oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

    Studentische Verbindungen (besonders im pauschalen Sinne dieser Formulierung) verstoßen dummerweise nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder die verfassungsmäßige Ordnung und richten sich auch nicht gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Auch der bei derartigen Gelegenheiten gerne ins Feld geführte Hinweis auf das „Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) greift nicht, obwohl doch das AGG angeblich „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“ soll (§1 AGG). Dummerweise schränkt §2 AGG den Anwendungsbereich auf den Berufsarbeitsbereich sowie die (öffentlich-rechtilche) Bildung ein. Studentische Verbindungen gehören weder dem einen noch dem anderen Bereich an.

    Und wenn der AStA schließlich ausdrücklich die Enteignung fordert, so negiert der AStA letztendlich sein Bekenntnis zu den Grundrechten selbst, und man muss sich fragen, ob bei den Autoren dieses Pamphletes nicht die Grenze zur Verfassungsfeindlichkeit erreicht ist.

  16. Hallo erstmal.
    Eine Frage an den Autor: Hast du mal über den Schwachsinn den du hier verbreitest nachgedacht???

    Wieso:

    „Studentische Verbindungen, die sich etwa durch pauschalen Ausschluss von Frauen (“Männerbund”)“
    ahhh und was ist mit Studentenverbindungen die nur Frauen aufnehmen(Männerfeindlich? Nein, dies wird nie behauptet!!!!) oder Sportvereinen die nur Männer aufnehmen oder oder oder.
    „, gesellschaftliche Seilschaften („Lebensbund“)“
    Was bitte ist daran Schlimm? Man wird auf diese Weise mit nichten unqualifiziertes Personal puschen, kann sich heute nämlich niemand mehr erlauben. Und für sonstige Vorwürfe für dieses Priniz kann man gleich an Gewerkschaften und ähnliche Gruppierungen weiterleiten! Vorteile bei Tarifverhandlungen haben nähmlich auch nur deren Mitglieder!
    „, organisierte Gewalttätigkeit (“Mensur”)“
    Wie ist das jedes Jahr in Hamburg beim Schanzenfest? Ich glaube nicht das sind Mitglieder von Studentenverbindungen die da randalieren, da tippe ich eher auf AStA-Mitglieder!
    „, elitären Standesdünkel (“Comment”)“
    Sich benehmen zu können und ein wenig mit dem Knigge auszukennen hat nichts mit elitär zu tun. Aber wem sag ich das.
    „, obligatorischen Alkoholkonsum (“Bier-Comment”)“
    Wenn ich keinen Whiskey trinke werde ich auch kein Mitglied im Whiskey-Club oder falls ich nicht rauche im Zigarren-Club, aber genau so wenig wie dort(immer Whiskey trinken, immer Zigarrenrauchen) sagt der Bier-Comment das man Alkohol trinken muss. Er sagt nur das man vorher bescheid gibt ob oder ob nicht!!!
    „, formalisierte Hierarchien („Fux“, „Bursche“, „Alter Herr“)“
    Ja, und?
    Student-technischer Mitarbeiter-Dozent-Professor-…
    Arbeiter-Gruppenleiter-Abteilungsleiter-…
    Krankenschwester-Oberschwester-Assistenzarzt-Arzt-…
    Spieler-Assistenztrainer-Trainer-…
    Na, merkste was? So ist unsere gesamte Gesellschaft aufgebaut, in Hierarchien. Der der es besser weis sitz oben und so weiter und so weiter.
    „, Diskriminierung anderer Lebensformen (Homosexualität, Kriegsdienstverweigerung)“
    Definiere Diskriminierung! Als Kriegsdienstverweigerer kommst du auch in keinen Veteranenverein rein oder? Oder versuch mal als heterosexuel veranlager Mensch in eine Schwulen oder Lesbenverein zu kommen.
    „, völkisches Brauchtum (“Ehre, Freiheit, Vaterland”)“
    Oh, du meine Güte. Was ist mit Jagdvereinen, Trachtenvereinen und Vereine die Volkstänze pflegen???
    “ oder reformistische und chauvinistische Propaganda (sog. “politische
    Bildung”) kennzeichnen, werden daher von uns abgelehnt.“
    Politische Bildung wird auch in der Schule durchgeführt, ist es da auch reformistische und chauvinistische? Überhaupt schon mal bei sowas dabei gewesen oder nur die Hetzreden anderer nachgeplappert.

    Ich konnte hier wohl an genügenden Beispielen aufzeigen das man ganz Deutschland abschaffen müsste, nur der Autor wird davon sicherlich ausgenommen sein.

    Übrigens eine solche selektive Sichtweise gab es schon mal in Deutschland! Und daraufhin folgte die Selektierung.
    Gewaltbereitschaft wird ja bereits zur genüge demonstriert.(brennende Autos, Steine auf Polizisten schmeißen)

    Also denk mal bitte nach!
    MFG NW

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