Wissenschaftsplan

#BesserIstNochLangeNichtGut
GEMEINSAME STELLUNGNAHME
ZUM WISSENSCHAFTSPLAN 2025

Nach 15 Jahren drastischer Kürzungen an den Bremer Hochschulen legt die Senatorin für Wissenschaft jetzt noch kurz vor der Bürgerschaftswahl 2019 einen neuen Plan vor, wie sie das Land Bremen in den nächsten Jahren voranbringen will: Den Wissenschaftsplan 2025.

Das Papier wirbt dabei auf den ersten Blick mit großen Zahlen und ambitionierten Zielen:

2025 soll es im Vergleich zu 2019

  • 89 Mio € mehr Landesmittel für die Hochschulen geben, davon 56 Mio allein für die Uni
  • Insgesamt 69 neue Professuren 
  • mehr Inverstitionen
  • ein ganzer akademischer Mittelbau soll aufgebaut werden (insgesamt 270,5 neue Vollzeitäquivalente)
  • Bei der Ausstattung mit Personal möchte man sich „an den Bundes-durchschnitt anpassen“
  • Und auch bei den laufenden Ausgaben (Grundmitteln) je Professur/ wissenschaftlichem Personal/ Studierenden „den Anschluss an die Ausstattungen der anderen Bundesländer herstellen“ 
  • Dem Mangel an bezahlbarem studentischen Wohnraum soll mit dem Bau neuer Wohnheime begegnet werden
  • Den Hochschulen wird mehr Autonomie zugestanden, etwa wenn es um die Berufung von Professuren und das Einrichten, Ändern und Schließen von Studiengängen geht
  • Bologna-Reform (Entzerrung der Curricula, Reduktion der Prüfungsdichte…) ist ein Ziel
  • Die Qualität der Lehre soll (etwa bei der Berufung von Profs) mehr Gewicht bekommen
  • Wieder sollen 2024/25 wichtige Forschungsschwerpunkte zu einer erfolgreichen Exzellenz-Strategie-Bewerbung geführt werden, um die Uni Bremen „dem Wettbewerb als Exzellenzuniversität erneut stellen zu können”
  • Und der Transfer zwischen Hochschulen, Wirtschaft und Gesellschaft ist ein Schwerpunktthema

Hat sich damit studentischer Protest wie etwa zum letzten Wissenschaftsplan (Kürzungen überall, Schließung des Studiengangs Psychologie…) erledigt?
Können wir uns zurücklehnen und in den Applaus der Hochschul-Leitungen für die Senatorin einstimmen?

Schön wär’s. Leider zeigt sich bei einem genauen Durchgang der Zahlen und Pläne an allen oben genannten Punkten deutlich, dass die in Aussicht gestellten Mittel 1) weder den von der Senatorin selbst gesteckten Zielen 2) noch dem dringenden Bedarf – sprich dem Schaden, gerecht werden, den der rot-grüne Sparkurs in den letzten zwei Jahrzehnten angerichtet hat. 

Und vieles, was sich auf den ersten Blick wie eine Trendwende und das Schaffen neuer Spielräume an den Hochschulen liest, entpuppt sich bei genauerer Lektüre nur als – im besten Fall – das Fortschreiben bestehender Verhältnisse.

1. Neue Professuren und Personalentwicklung

Die Senatorin betont gerne den hohen Stellenwert, den die Hochschulautonomie für sie einnimmt. In der Praxis lässt der Wissenschaftsplan den Hochschulen jedoch kaum Freiheiten in der Entscheidung, an welcher Stelle neue Professuren besonders benötigt werden. Fast alle der bis zum Jahr 2025 neu hinzukommenden Professuren sind von der Behörde hinsichtlich Denomination oder Verortung schon konkret benannt.

Von den 32 neuen Professuren an der Uni sind z. B. bereits mindestens 28 Professuren fest verplant. 
Dabei zieht sich das Muster durch, dass nur wenige der neuen Professurstellen im eigentlichen Sinne “neu” sind und zu einer Verbesserung der Betreuungssituation beitragen.
Vielmehr handelt es sich in einem wesentlichen Teil um die Rücknahme von Kürzungsentscheidungen der letzten Jahre; so etwa die sieben neu zu besetzenden Professuren im Studiengang Psychologie, oder die mindestens drei Professuren, die auf den wieder einzurichtenden Studiengang Sportpädagogik entfallen, der vorher gekürzt wurde.
Weitere drei Professuren sollen ausschließlich als Forschungsprofessuren am Leibniz-Institut eingerichtet werden, die als solche von jeder Lehrverpflichtung entbunden wären.
Gleich elf der 32 hinzukommenden Professuren an der Uni gehen in die Weiter-führung der Exzellenz-Cluster, auch da einige dieser Professuren aufgrund ihrer Abhängigkeit von jetzt auslaufenden Exzellenz-Mitteln ansonsten gar keinen Fortbestand hätten. 

Wir sind der Auffassung, dass die Hochschulen des Landes als Ganzes einer hinreichenden Finanzierung bedürfen – und die genaue Schwerpunktsetzung sowie die Frage, an welchen Fachbereichen einzelne Professuren anzusiedeln sind, an den Hochschulen debattiert und entschieden statt behördlicherseits festgelegt werden sollte.
Dabei teilen wir statusübergreifend die Haltung, dass ein erheblicher Anteil auch zur Stärkung in Bereiche fließen soll, die bislang nicht unmittelbar an den Wissenschaftsschwerpunkten beteiligt sind.

Insgesamt hilft die Perspektive, dass es im WiSe 1999/2000 noch 614 Professuren auf 25.772 Studierende im Land Bremen gab, die dann in zwei Kürzungswellen auf 512 im Jahr 2019 heruntergekürzt wurden- und 2025 landen wir jetzt bei 586 Profs auf etwa 37000 Studis.

Der allgemeine Personalaufbau insbesondere im akademischen Mittelbau und bei den Dienstleister*innen ist ausdrücklich zu begrüßen. Im Hinblick auf die Qualität der Arbeitsbedingungen kommt es uns sehr darauf an, dass dabei unbefristete Stellen geschaffen werden und auch die mit der Novelle des Bremischen Hochschulgesetzes neu geschaffenen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen z.B. über eine Teure Track Professur oder eine unbefristete Position als Senior Lecturer/Senior Researcher sichere Karriereperspektiven zu eröffnen.  

Wenn die Zahl der Studierenden weiter steigen und die Gleichstellung, Inklusion und Vereinbarkeit mit Famile etc. verbessert werden soll – dann erfordert das auch, dass diese Daueraufgaben und der wachsende Bedarf nach einer studien-förderlichen Umgebung mit den nötigen Geldern und Stellen bedacht werden. Und zwar nicht, wie etwa bisher im Falle der Kinderbetreuung mit jeweils neu zu beantragenden befristeten Mitteln über die Studienkonten aus Langzeitstudien-gebühren, sondern als fester Bestandteil der Hochschul-Haushalte. Inwieweit das Studierendenwerk in Zukunft eine tragende Rolle in der Verwaltung der verschiedenen Angebote zur Kinderbetreuung übernehmen kann und was das für einen Zuwachs an Personal bedarf, sollte geprüft werden.

In dem bisherigen Plan profitieren aber weder die Staats- und Universitäts-bibliothek noch das Studierendenwerk wesentlich von den neuen Finanzmitteln. Wir regen an, die Grundausstattung beider Einrichtungen erheblich anzuheben, um den wachsenden Aufgaben gerecht zu werden und studierendenfreundlichere Angebote, etwa über längere Öffnungszeiten machen zu können. 

Ohne die 1700 Studentischen Hilfskräfte (SHK) im Land Bremen würden die Hochschulen stillstehen. Sie übernehmen als Tutor*innen Aufgaben in der Lehre, unterstützen Professor*innen in der Forschung und helfen in nahezu allen Verwaltungsbereichen der Hochschulen – von der Garderobe der SuUB bis zur Gestaltung der Uni-Homepage – aus. 
Als Interessenvertretung der verfassten Studierendenschaft kritisieren wir, dass die Studentischen Hilfskräfte mit keinem Wort im Wissenschaftsplan erwähnt werden, obwohl es schon seit Monaten Proteste einer gemeinsamen Initiative von Student*innen und den Gewerkschaften GEW und ver.di gibt, um gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen der SHK im Land Bremen zu kämpfen und insbesondere den Abschluss eines Tarifvertrags anzustreben. Wir fordern daher, dass sich im Wissenschaftsplan 2025 zur essenziellen Rolle der SHK im Wissenschaftsbetrieb bekannt wird, der bereits seit zwei Jahren beschlossene Rahmenkodex „Vertragssituationen und Rahmenbedingungen von Beschäftigung-en an den staatlichen Hochschulen“ konsequent umgesetzt wird und die senatorische Behörde die SHK in ihren Bemühungen unterstützt, mit dem Finanzressort einen Tarifvertrag abzuschließen.

2. Sachmittel

Auch das Ziel, bei den Konsumptivmitteln pro Professur, pro wissenschaftlicher Mitarbeiter*in und/oder pro Studierenden „den Anschluss an die Ausstattungen der anderen Bundesländer herzustellen” ist nicht hinreichend mit Zahlen gedeckt.

Vor allem wenn der landesweite Mindestlohn endlich auf die 10,80€ -12,00€ ansteigen soll, wie zur Zeit seitens der SPD im Gespräch ist, käme es mit der im Plan vorgesehenen Ausstattung zu einer Verschlechterung der Situation. Die Fachbereiche würden so vor die Wahl gestellt, ob eher auf Sachmittel oder studentische Hilfskräfte in Tutorien etc. verzichtet werden kann – beides auf Kosten der Studierenden.

Deshalb fordern wir als wichtigen Schritt, dass das Land nicht nur bei Professor*innen und Co, sondern auch bei studentischen Hilfskräften zukünftige Steigerungen der Bezahlung übernimmt.

Klar sollte auch sein: Die Ausstattung mit Sachmitteln muss ein Studium für Alle ermöglichen – ohne, dass zusätzliche Kosten des Studiums für Bücher und Vorlesungsfolien, Rechner und Programm-Lizenzen… die Wahl des Studiengangs vorentscheiden oder den Studienerfolg behindern.
Zusammen mit Wohnkosten, die im Schnitt weit über dem aktuellen BAföG-Satz für Wohnen liegen, führt das Abwälzen fehlender Mittel für Sachkosten zur Zeit nur weiter dazu, dass Studierende an Kleidung, Kultur und Freizeit sparen müssen, um sich ein Studium in Bremen leisten zu können – und der Anteil von Studierenden steigt, die neben dem Studium arbeiten müssen. Natürlich nicht ohne dass die Qualität des Studiums darunter leidet und die Bildungschancen von Studierenden mit verschiedenem ökonomischen und sozialen Hintergrund noch weiter auseinandergehen. 

3. Investitionen
Im Rahmen des Wissenschaftsplans werden 106,56 Millionen Euro an Investitionen, verteilt über fünf Jahre, vorgesehen.
Was nach einer Menge Geld klingt, muss aber auch ins Verhältnis zu dem Investitionsstau der letzten 15 Jahre gesetzt werden. 

Die sensorische Behörde für Wissenschaft selbst beziffert auf Anfrage den entstandenen Sanierungsstau an den Hochschulen ab 2021 auf rund 227 Millionen Euro, davon 147 Millionen mit der höchsten Priorität.

Bei diesen Zahlen, der Erfahrung der letzten Jahre mit Baumaßnahmen durch Immobilien Bremen und ihrer unzureichenden personellen Ausstattung muss (sofern nicht mehr an Aufgaben an freie Unternehmen übergeben werden) davon ausgegangen werden, dass schon allein die Sanierungsaufgaben noch über weitere Jahrzehnte verschleppt werden, während es insbesondere an der Universität schon jetzt eine prekäre Raumsituation gibt.

4. studentisches Wohnen

Auch das im Wissenschaftsplan formulierte Ziel, das Angebot des Studierenden-werks von aktuell 1922 Wohnplätzen des Studierendenwerks auf 2500 in den kommenden Jahren auszuweiten (und konkrete Pläne zu 661 kommenden Wohn-Plätzen) mag einem auf den ersten Blick vorkommen wie ein echter Schritt vorwärts. 

Aber schon im letzten Wissenschaftsplan stand die wortgleiche Zielsetzung für das Jahr 2020. Damit lassen sich keine Ambitionen der Behörde entdecken, das Problem der studentischen Wohnungsnot ernsthaft anzugehen.

Konkret sind von den 661 kommenden Plätzen: 

Die 380 Plätze in der Emmy-Noether-Straße schon im WP2020 aufgeführt. 

Bei den 75 Plätzen in Osterholz handelt es sich nicht um Plätze des Studierendenwerks, sondern um ein Projekt der Heimstiftung. 

Und auch die aufgeführten 106 Plätze in der Anne-Conway-Straße sind weder eine neue Planung, noch überhaupt ein Beitrag, der sich einfach dazuaddieren lässt – wie der Wissenschaftsplan nahe legt. 
An anderer Stelle lässt sich schließlich nachlesen, dass es sich hier lediglich um eine auf drei Jahre ausgelegte Zwischennutzung einer vom Land schon auf zehn Jahre als Flüchtlingsunterkunft angemieteten Immobilie für Studierende handeln soll – um die entstehenden Verluste zu minimieren. Der Senat selbst schreibt dazu aber auch: “Hintergrund für die Befristung ist die voraussichtliche Fertigstellung eines neuen Studierendenwohnheims in der Emmy-Noether-Straße im Jahr 2021.”
An einen langfristigen Beitrag zur Lösung der studentischen Wohnungsnot wurde hier bisher nicht gedacht.

Darüber hinaus bleiben dann nur die 100 neuen Plätze übrig, die in der Neustadt geplant sind – und die unverbindliche “Prüfung”, diese Plätze vielleicht auf 200 zu erweitern. 

Angesichts der Tatsache, dass Bremen eines der größten Probleme mit bezahlbarem studentischen Wohnraum hat, nach wie vor einen der letzten Plätze im Ländervergleich der Unterbringungsquoten liegt (Bremen mit 6,26% bei einem Bundes-Durchschnitt von 9,62% 2017) gibt diese Tatenlosigkeit Anlass zur Sorge.
Lange Wartelisten und monatelange Wartezeiten zwingen schon jetzt insbesondere internationale Studierende, wesentlich teurere Angebote auf dem freien Markt anzunehmen. Private Anbieter von Studierendenwohnheimen tragen dabei wenig zu einem Angebot an bezahlbarem studentischen Wohnraum bei. Bei einem aktuellen BAföG-Wohn-Satz von 250€ liegt etwa das Fizz mit Wohnungen ab 465€ wie alle privaten Anbieter in Bremen weit über dem, was sich viele Studierende und Azubis leisten können. Schon soweit ist das eine erschreckende Bilanz.
Zumal die Senatorin an anderer Stelle auch noch betont, dass sie von einem weiteren Anstieg der Studierendenzahlen ausgeht. (“7000 Studierende mehr bis 2035”) Allein um den Status, von dem der Wissenschaftsplan 2025 ausgehen kann (also der, der im Wissenschaftsplan 2020 angesetzt ist) zu erhalten, bräuchte es damit statt der 100 neuen Plätze, die jetzt bis 2025 geplant sind, fast 3.000 Plätze mehr. Von einer Annäherung an den Bundesdurchschnitt ist damit noch lange nicht zu reden.

Wichtiger ist aber noch, dass die bestehende Infrastruktur dringend mehr Mittel braucht: Drei Viertel der Wohnheimplätze sind sanierungsbedürftig, ein Drittel noch aus den 70ern mit dringendem Sanierungsbedarf. Und auch personell muss das Studierendenwerk in der Lage sein, den Aufwand zu decken, der durch Sanierung der Mensen und Wohnheime, Neubau und wachsende Studierendenzahlen entsteht.
Ansonsten brechen parallel zu den wenigen neu geplanten Plätzen Stück für Stück die bestehenden Plätze als unbewohnbar weg – und der weiter zunehmende Personalmangel führt zu Wartezeiten, die es noch mehr Studierenden verunmöglichen, Angebote des Studierendenwerkes zu nutzen. 
Auch langfristig gedachte politische Lösungen, um der Aufgabe, langfristig bezahlbaren Wohnraum für Studenten und Azubis zu schaffen – etwa durch Beistellen von stadteigenen Grundstücken in Form von Erbbaurechten – gerecht zu werden, lässt der Zukunftsplan der Senatorin vermissen. 

Unterm Strich: Bei den bisherigen Planungen der Behörde ist abzusehen, dass die Not schneller wächst, als der Senat Plätze schafft – und die Studierenden dafür zahlen.

5. Bologna-Reform

So positiv die im Wissenschaftsplan gesetzten Ziele klingen: Es wird sich gegen eine “stoffliche Überfrachtung” und für die Qualität der Lehre ausgesprochen, es sollen etwa die “Prüfungsdichte vermindert und das Curriculum entzerrt werden… So muss doch auffallen, dass sich bereits 2009 die Hochschulrektorenkonferenz für diese Schritte ausgesprochen hat und sechs Jahre später auch schon die Behörde im Wissenschaftsplan 2020. (S.20f.)

Dass jetzt im Wissenschaftsplan 2025 wieder weitgehend wortgleich dieselben Ziele auftauchen, während an den Hochschulen inzwischen neun Jahre ohne sichtliche Veränderung für die Studierenden vergangen sind, ist Grund genug für die Sorge, dass es sich auch diesmal wieder nur um wohlklingende Worte handelt.
Eine adäquate Lösung für ein selbstbestimmtes Studium und gegen Prüfungs-stress und stoffliche Überfrachtung der Module ist so von den Hochschulen
– inklusive klarer Dokumentation als Teil des Qualitätsmanagements in der Lehre – bislang nicht zu erwarten. Klar zu verhindern ist eine weitere Ökonomisierung des Studienalltags.

Ausdrücklich unterstützen tun wir im Sinne der Bologna-Reform den Einbezug Studierender in die Modul-gestaltung und die konsequente Verfolgung des Ansatzes „Forschendes Lernen“, insofern er langfristig finanziell angemessen abgesichert wird.

6. Fremdsprachenfähigkeit

Auch hier ist zwar zu begrüßen, dass im Hinblick auf die internationale Ausrichtungen der Hochschulen und die Inklusion von Geflüchteten auch das Ziel in den Fokus gerät, die Fremdsprachenfähigkeit der Studierenden zu erhöhen. 

Bisher führt das aber neben zusätzlichem Prüfungsstress auch zu nicht unerheblichen Kosten, die in viel zu vielen Fällen von den Studierenden selbst getragen werden müssen.
Damit die ambitionierten Pläne der Senatorin nicht an den Studierenden hängen bleiben und e rfolgreiche Abschlüsse nicht noch stärker zu einer Frage des Geldbeutels werden, muss das Fremdsprachenzentrum der Hochschulen im Land Bremen grundsätzlich so aufgestellt und ausfinanziert werden, dass sowohl Deutschkurse für ausländische Studierende als auch Fremdsprachenkurse für deutschsprachige Studierende kostenlos angeboten werden können. Das muss insbesondere dort zur Selbstverständlichkeit werden, wo ein bestimmtes Sprachniveau, z. B. in Deutsch oder Englisch, eine Voraussetzung im Studienverlauf ist.
Dass der AStA der Universität in Kooperation mit dem AStA der Hochschule Bremen aktuell mit viel ehrenamtlichem Engagement in diese Leerstelle eintritt und seit Jahren neun kostenlose Deutschkurse an fünf Tagen der Woche anbietet – die, obwohl keine Credit Points oder Zertifikate  vergeben werden können, alle überrannt werden – ist nur ein ein Ausdruck davon, was hier für ein dringender ungedeckter Bedarf besteht. An vielen anderen Hochschulen sind kostenlose Sprachkurse längst fester Bestandteil.

7. Exzellenz-Initiative

Nach dem Scheitern der Universität in der jetzigen Runde der Exzellenz-Initiative wird betont, dass mit dem MARUM weiterhin exzellente Forschung an der Uni Bremen stattfindet. Das Scheitern der vier anderen Cluster-Skizzen verdeutlicht aber vor allem, wie zunehmend abhängig die Uni von den damit verbundenen finanziellen Mitteln gemacht wird. Trotzdem wird die Exzellenzinitiative auch im Wissenschaftsplan 2025 unkritisch fortgeführt, als habe die Wissenschafts-gemeinde inklusive ihrer politischen Verwaltung in der Behörde an dem auf Konkurrenz und Leuchtturmprojekte ausgelegten System nichts auszusetzen. 
Wir würden uns wünschen, dass sich die Rektor*innen und die Senatorin dazu bekennen, dass das System der Exzellenz-Strategie – bloß weil es zur Zeit eine zentrale Bedingung ist, um an Bundesmittel für Wissenschaft zu kommen – noch lange keine nachhaltige Chance für das Land Bremen darstellt. Entsprechend muss über Lösungen für eine solide Finanzierung der Grundhaushalte jenseits der Exzellenz nachgedacht und politisch auch auf Bundesebene gestritten werden – für ein System der Verteilung von Bundesmitteln und eine ausfinanzierte Universitäts-landschaft, in dem miteinander und nicht in Konkurrenz gegeneinander geforscht und gelernt wird.

8. Transfer


Wir begrüßen es grundsätzlich, dass die Behörde den Austausch der Hochschulen mit Gesellschaft und Wirtschaft fördern will. Gegenüber sehr weitgehenden Plänen zur „Förderung eines unternehmensorientierten Innovationssystems” fehlt dabei aber ein vergleichbar ausgereiftes Konzept zu dem Transfer in die Gesellschaft. Die Hochschulen dürfen nicht zu einem reinen Dienstleister der Wirtschaft und Ausbildungsanstalt für Fachkräfte verkommen, sondern müssen selbstverständlich weiter eine zentrale Rolle in der Ausbildung kritischen Denkens spielen.
Insbesondere kommt es uns darauf an, zu betonen, dass gesellschaftlicher Transfer bi-direktional ist, also entsprechend nicht nur wissenschaftliche Leistungen in die Gesellschaft hineinwirken sollen, sondern auch gesellschaftliche Auseinandersetzungen einen Raum in den Hochschulen und der studentischen Öffentlichkeit bekommen müssen. Verbote von Veranstaltungen der ASten und politischer Studierendengruppen in den letzten Jahren, Maßnahmen zum Ausschluss bestimmter Akteur*innen von der Raumnutzung an den Hochschulen und ein Rechtsstreit über das Aushängen politischer Banner sprechen da eine andere Sprache.

9. Hochschulautonomie

Wir begrüßen ausdrücklich den Schritt, das Berufungsrecht an die Hochschulen zu holen – unter der Voraussetzung, dass die Qualitätssicherungs-Mechanismen der Hochschulen etwa im Hinblick auf die Gleichstellung ausreichen.

Die Übertragung der Genehmigungsbefugnis für die Errichtung, Änderung und Auflösung von Studiengängen auf die Rektorin/den Rektor einer Hochschule
(S. 47) darf jedoch ganz klar nicht bedeuten, dass die Kompetenzen des Akademischen Senats, darüber zu entscheiden, beschnitten oder übergangen werden können.
Die Einrichtung, Änderung und Schließung von Studiengängen ist schließlich keine bloß verwaltungstechnische, sondern eine hochschulpolitische Frage und erfordert entsprechend die Beteiligung und offene Debatte aller Statusgruppen – und kein Diktat des Rektorats.

FAZIT

Sowohl im weiten Kontext als auch im Detail zeigt sich, dass die Behörde hier ein Papier mit lauter Zielen vollschreibt und tatsächlich mal mehr Geld in die Hand nimmt als in den letzten Jahren, ist noch kein Grund zu feiern. In dem Tempo sind wir frühestens 2030 wieder auf einem Niveau, wie wir es um 2000 bereits hatten: 
Willkommen zurück in der Zukunft, die man uns genommen hat. 

Aber: Auch wenn der Plan weniger ambitioniert ausfällt, weniger neue Spielräume an den Hochschulen schafft, als es zunächst vielleicht scheinen möchte und sich die Situation an vielen Stelen auch trotz der Mittel voraussichtlich noch weiter zuspitzen wird, geht die Abkehr von Kürzungen zumindest in die richtige Richtung.

Wie sehr diese Entwicklung nachhaltig positiv ausfällt/ ob man in Zukunft mit einer Wissenschaftssenatorin und Politik rechnen kann, die den Unis wieder eine Perspektive gibt, hängt nicht zuletzt an den kommenden Studierendenzahlen, daran, was bei der Verhandlung zwischen Bund und Ländern über die Verstetigung der bisherigen Hochschulpakt-Mittel herauskommt und wird sich für uns vor allem daran zeigen, wie die Betroffenen dieser Politik in die Entscheidungen einbezogen werden.

Eine Beschneidung der Kompetenzen des Akademischen Senats ist in dem Zuge ein No-Go und der Umgang mit den verschiedenen Kritikpunkten und Ergänzungsvorschlägen zum Wissenschaftsplan entscheidend.
Aber auch darüber hinaus würde die erhoffte Unterstützung der Senatorin für die in der Initiative TVStud organisierten studentischen Hilfskräfte in ihrem Anliegen, für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen, ein Zeichen setzen: Haben wir es hier mit einer Senatorin und Behörde für Wissenschaft zu tun, die in ihrer Politik im Sinne guter Forschung und Lehre mit uns und für die Interessen von Studierenden und Beschäftigten streitet – oder gegen uns.

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